Hinweise auf "Ausländerkinder-Pflegestätten" (AKPS) in Schleswig-Holstein in der Datenbank www.krieggegenkinder.de

 

Broweg (Kreis Südtondern) - "Gefangenenlager Broweg"

 

Broweg war und ist (nach Nils Köhler) "eine nur wenige Häuser zählende Siedlung an der Straße zwischen Lindholm und Stedesand unmittelbar hinter der Lecker Au". "Etwa einen Kilometer nördlich der eigentlichen Siedlung Broweg befand sich nahe einer Baustelle für Entwässerungsarbeiten an der Lecker Au seit Juli 1941 ein Kriegsgefangenen-Straflager, später ein Kriegsgefangenenlager für gefangene sowjetische Soldaten."[1]

Köhler hat im Kreisarchiv Nordfriesland zwei Dokumente gefunden, aus denen hervorgeht, dass die Kreisbauernschaft Südtondern in dem (ehemaligen) "Gefangenenlager Broweg" eine vollumfängliche "Ausländerkinder-Pflegestätte" einrichten wollte (und offensichtlich auch eingerichtet hat): "Nachdem die Bauarbeiten an der Lecker Au weitgehend eingestellt worden waren, befanden sich im Mai 1944 nur noch wenige "Ostarbeiter" in dem drei Wohn- und eine Wirtschaftsbaracke umfassenden Lager. Diese Arbeiter wohnten in einer Baracke und waren mit der Ausbesserung von Deichschäden beschäftigt."[2]

"Am 3. Mai 1944 besichtigte eine Delegation von Deichvögten aus der Umgebung unter der Leitung von Landrat Dr. August Fröbe und Oberdeichgraf Hans Dethlefsen aus Freesott das Gelände an der Leckerau. Im Protokoll des Ortstermins heißt es: "Die ehemalige Wirtschaftsbaracke ist umgehend für die Unterbringung fremdländischer Kinder einzurichten. Über die Verwendung der übrigen Baracken ist noch weiter Beschluss zu fassen, wobei bemerkt wird, dass die eine Baracke zunächst noch für die Unterbringung der Ostarbeiter zur Verfügung stehen muss.""[3]

Bei dem zweiten von Köhler gefundenen Dokument handelt es sich um das Schreiben der Kreisbauernschaft Südtondern an die Betreuer der Kriegsgefangenenläger vom 25. Mai 1944 mit dem Betreff: "Unterbringung von Kindern Fremdvölkischer".[4]

"Auf Anordnung der Landesbauernschaft sind Kinderbetreuungsläger Fremdvölkischer in jedem Kreise einzurichten. Das bisherige Kriegsgefangenenlager Broweg soll für diese noch nicht einsatzfähigen bezw. Kleinst-Kinder hergerichtet werden." Der (von Himmler gewünschte und im Juli 1943 eingeführte) Begriff "Ausländerkinder-Pflegestätte" wird in keinem der beiden Dokumente benutzt, sondern nur umschrieben.

Aufgrund der zahlreichen in den Arolsen Archives zur Verfügung stehenden Sterbeurkunden für diese "Kleinst-Kinder" wissen wir, dass Kinder, die direkt im "Gefangenenlager Broweg" verstorben sind, (in der Regel) auf dem nahegelegenen Friedhof in Lindholm beerdigt wurden.[5]

Diejenigen Kinder aus der AKPS Broweg, die aufgrund einer Erkrankung zunächst noch in das Krankenhaus Niebüll eingewiesen wurden, dann aber verstorben sind, wurden (in der Regel) auf dem Friedhof in Niebüll beerdigt.[6]

Diese Vorgehensweise der beteiligten Institutionen scheint idealtypisch zu sein für AKPS in eher ländlichen Regionen, wie ein weiteres Beispiel zeigt: Kinder, die direkt in der AKPS Wiemersdorf verstorben sind, wurden (in der Regel) auf dem nahegelegenen Friedhof in Bad Bramstedt beerdigt. Sofern sie aufgrund einer Krankheit noch im Stadtkrankenhaus Neumünster waren, dort aber verstorben sind, wurden sie (in der Regel) auf dem Friedhof in Neumünster bestattet.[7]

 


Literaturhinweise:

[1] Nils Köhler: Das Schicksal der "Ausländerkinder" in Nordfriesland - eine historische Recherche, In: Danker, Uwe u.a. (Hg.): Zwangsarbeitende im Kreis Nordfriesland 1939-1945, Bielefeld 2004, S.235. Siehe hierzu auch Gerhard Hoch: Broweg - ein Straflager in Nordfriesland, in: Grenzfriedenshefte 41 (1994), Heft 1, S.33-50.

[2] Ebd., S.236

[3] Ebd.

[4] Ebd., S.236 f.

[5] Siehe hierzu auch Irene Dittrich: Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu den Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945 (Hrsg. Studienkreis Deutscher Widerstand), Bd. 7/1: Schleswig-Holstein I. Nördlicher Landesteil, Frankfurt/M. 1993, S.110.

[6] Siehe hierzu auch ebd., S.122.

[7] Siehe hierzu den Onlinebeitrag von Uwe Fentsahm über das "Ostarbeiter-Kinderheim" in Wiemersdorf (Kreis Segeberg).

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© Uwe Fentsahm (Brügge, März 2021)