Zentrale Quellen zum Thema "Ausländerkinder-Pflegestätten"

 

Der Erlass des Reichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 6. Oktober 1942 (II/1 10477)

In dem Erlass heißt es: „In verschiedenen Lagern sind auch Kinder untergebracht. Diese können wöchentlich 1500 g Brot und die Hälfte der den Ostarbeitern sonst zustehenden Lebensmittel erhalten. Außerdem können Kleinstkindern bis zu 3 Jahren 0,5 l Vollmilch, Kindern von 3-14 Jahren 0,25 l Vollmilch gewährt werden.“[1]

Ein idealtypischer Kann-Erlass: Bernhild Vögel hat aus dieser Formulierung geschlossen, dass „die Ernährung der polnischen und sowjetischen Kinder ins Belieben der örtlichen Behörden gestellt war.“[2]

Es dauerte bis zum 6. Januar 1944, bis der RMEuL diese Ernährungsproblematik in einem Erlass neu regelte. Er rekapitulierte darin zunächst die bisherige Situation: "In meinem Erlass vom 6. Oktober 1942 (II/1 10477) zu D habe ich bestimmt, dass die in Lagern untergebrachten Ostarbeiterkinder wöchentlich 1500 g Brot und die Hälfte der Ostarbeitern zustehenden Lebensmittel sowie 1/2 bzw. 1/4 Ltr. Vollmilch erhalten können".

"Bei Festsetzung dieser Rationen ist davon ausgegangen worden, dass die Ostarbeiterkinder von ihren Müttern gestillt und betreut würden, so dass die Rationen überwiegend als zusätzliche Nahrung für die stillenden Mütter Verwendung fänden."[3]

Diese Formulierung veranlasste Gisela Schwarze 1997 zu folgender Einschätzung: "Die im vorstehend wiedergegebenen Erlass aufgestellte Behauptung, bei der Festsetzung der Rationen 1942 sei man davon ausgegangen, die Verpflegungssätze seien als eine Zusatzernährung zum Stillen durch die Mütter gedacht gewesen, muss als reine Schutzbehauptung angesehen werden. Seit 1942 bis zur Neufestsetzung der Rationen im Januar 1944 befanden sich Kinder im Alter von einem Jahr bis zu 14 Jahren in den Lagern. Sie alle bekamen nur die Hälfte der Hungernahrung für Ostarbeiter zuzüglich 1.500 g Brot und 1/2 bzw. 1/4 l Milch [wöchentlich]. (Die in den Bestimmungen genannte "Vollmilch" war zu jener Zeit - auch für Deutsche - eine bläuliche Magermilch.)"[4]


[1] Der Erlass vom 6. Oktober 1942 wurde zitiert nach Bernhild Vögel: „Entbindungsheim für Ostarbeiterinnen“, Hamburg 1999, S.40. Er befindet sich auch im Bundesarchiv in Berlin unter BA R14/100d.

[2] Bernhild Vögel (wie Anm. 1), S.40.

[3] Der Erlass vom 6. Januar 1944 ist faksimile abgedruckt bei Gisela Schwarze: Kinder, die nicht zählten. Ostarbeiterinnen und ihre Kinder im Zweiten Weltkrieg, Essen 1997, S.126.

[4] Ebd.

 

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