Zentrale Quellen zum Thema "Ausländerkinder-Pflegestätten"

 

"Grundsätzlich sind schwangere ausländische Arbeiterinnen in die Heimat zurückzubefördern."

Der (mit Ausnahmen versehene) „Rückführungs“-Erlass des Reichsarbeitsministers (RAM) vom 13. August 1941

Trotz der Vielzahl an Präventivmaßnahmen des NS-Regimes gehörte es zum Alltag des Aufenthalts von Zwangsarbeiterinnen im Deutschen Reich, dass diese - freiwillig oder auch nicht freiwillig – schwanger wurden. Es hatte sich zudem herumgesprochen, dass schwangere Zwangsarbeiterinnen auf Kosten des deutschen Staates in ihre Heimat zurückgebracht werden. Um den deutschen Staat von der Versorgungsproblematik für die Schwangeren zu entlasten, wurde deshalb von den Verantwortlichen beschlossen, lieber auf die Arbeitskraft dieser Frauen zu verzichten.

Am 13. August 1941 verfügte der Reichsarbeitsminister Franz Seldte in einem 9-Punkte-Erlass an die Landesarbeitsämter und Arbeitsämter: „1. Grundsätzlich sind schwangere ausländische Arbeiterinnen sofort nach Bekanntwerden der Schwangerschaft, unabhängig von deren Dauer und dem Zeitpunkt der Feststellung, in die Heimat zurückzubefördern. Die Betriebe, denen ausländische Arbeiterinnen zugewiesen werden, sind daher zu verpflichten, das Arbeitsamt unverzüglich zu unterrichten, sobald sie von der Schwangerschaft eines ihrer weiblichen ausländischen Gefolgschaftsmitglieder Kenntnis erhalten.“

Punkt 2 im RAM-Erlass: „Von einer Rückbeförderung schwangerer Ausländerinnen kann nur dann abgesehen werden, wenn der Betriebsführer auf die Erhaltung der Arbeitskraft besonderen Wert legt und sich schriftlich verpflichtet, für die weitere Unterbringung der Ausländerinnen und des zu erwartenden Kindes zu sorgen.“

"Es bleibt dem Ermessen des Betriebsführers überlassen, sich die Unterbringungskosten des Kindes von der Mutter oder dem Kindesvater, sofern sich dieser gleichfalls im Reichsgebiet aufhält, erstatten zu lassen."

Punkt 3: „Wenn eine ausländische Arbeiterin nicht mehr rechtzeitig vor der Entbindung in die Heimat zurückbefördert werden kann, weil weder der Betriebsführer noch das Arbeitsamt über die bevorstehende Niederkunft unterrichtet war, hat die Rückbeförderung sofort nach Transportfähigkeit zu erfolgen, sofern sich nicht der Betriebsführer ausdrücklich verpflichtet, für die Unterbringung der Mutter mit Kind zu sorgen.“

"Die Einweisung des Kindes in ein Kinderheim ist in derartigen Fällen ausgeschlossen, sofern nicht die Mutter, der Kindesvater oder der Betriebsführer die hierdurch entstehenden Kosten tragen."

"Die Entbindungskosten können in diesem Falle zunächst aus Mitteln des Reichsstocks [d.h. vom Arbeitsamt] vorgestreckt werden, sofern nicht eine Leistungspflicht aus der Krankenversicherung besteht." ... "Falls sich der Betriebsführer mit der weiteren Unterbringung von Mutter und Kind einverstanden erklärt hat, ist zu versuchen, die volle oder teilweise Erstattung der Entbindungskosten - gegebenenfalls im Benehmen mit dem Betriebsführer durch Lohnabzug - zu erreichen."

Punkt 5: "Die Kosten einer ärztlicherseits angeordneten Krankenhauspflege für Mutter und Kind können endgültig auf Mittel des Reichsstocks übernommen werden, soweit eine Leistungspflicht aus der Krankenversicherung nicht besteht."

Punkt 9: "Ausländischen Versicherten können Wochenhilfeleistungen von den Trägern der deutschen Krankenversicherung nur gewährt werden, wenn die Vorversicherungszeit von 10 Monaten (nach § 195a RVO) zurückgelegt ist. ... Wegen der von den Trägern der deutschen Krankenversicherung den polnischen Versicherten zu gewährenden Wochenhilfeleistungen steht eine besondere Regelung bevor."


Erlass des Reichsarbeitsministers Franz Seldte vom 13. August 1941 [Va 5511/662], in: Reichsarbeitsblatt Teil I, Nr. 24 (1941), S.364f.

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