Zentrale Quellen zum Thema "Ausländerkinder-Pflegestätten"

 

Der Präsident des Landesarbeitsamtes Nordmark informiert u.a. den Oberpräsidenten

Der Präsident des Landesarbeitsamtes Nordmark (mit Sitz in Hamburg) reagierte am 24. Dezember 1942 auf diesen Erlass und informierte u.a. den Oberpräsidenten der Provinz Schleswig-Holstein (mit Sitz in Kiel): „Danach ist zuerst einmal befristet bis zum 31.1.1943 eine völlige Umstellung des bisherigen Verfahrens eingeleitet worden. Ich bemerke dazu, dass auf der Sitzung der Präsidenten der Landesarbeitsämter und der Reichstreuhänder, die in der letzten Woche in Hamburg stattfand, die Notwendigkeit einer neuen Regelung auf’s eindrucksvollste herausgestellt wurde.“[1]

Am 8. Januar 1943 informierte der Präsident alle Angeschriebenen darüber, dass die Angabe des Befristungsdatums falsch war, die Befristung war bis zum 31. März 1943 vorgesehen. Inhaltlich präferierte er „zur Sicherung der Niederkünfte“ eine zentrale Lösung: „Ich würde es sehr begrüßen, wenn es gelingen würde, große Entbindungskliniken, Hebammenlehranstalten oder Gebäranstalten zu dieser Aufgabe heranzuziehen.“ Eine dezentrale Lösung lehnte der Präsident (zunächst) ab: „Die Sicherung einer, wenn auch nur primitiven Hygiene dieser Geburten wird in den Betriebslagern wahrscheinlich mehr Arbeit verursachen und mehr deutsche Kräfte des Sanitätsdienstes und der Ärzte binden als in den Gebäranstalten.“ Grundsätzlich sei aber „eine strenge Isolierung der Polinnen und Ostarbeiterinnen“ zu beachten. Es müsse auf jeden Fall vermieden werden, „besonders die östlichen Arbeitskräfte mit deutschen Frauen zusammenzubringen.“[2]

Eine zentrale Lösung des Problems wurde in den folgenden Tagen diskutiert, führte aber zu keinem Ergebnis: Das Ausweichkrankenhaus in Neustadt hatte keinen weiteren Platz für zusätzlich Barackenbauten. Die Universitätsfrauenklinik in Kiel litt schon seit langem unter Raummangel. Und die übrigen Krankenhäuser in den Städten der Provinz und im Landbezirk seien z.Zt. ständig überfüllt und könnten daher nicht herangezogen werden. Der leitende Medizinalbeamte beim Oberpräsidenten machte dann noch folgenden Vorschlag: „Geeignet für die Einrichtung einer solchen Entbindungsabteilung wäre vielleicht auch das Allgemeine Krankenhaus in Lübeck, welches durch die Einbeziehung der früheren Heil- und Pflegeanstalt Strecknitz wesentlich erweitert worden ist.“[3]

Doch auch dieser Vorschlag scheint nicht unbedingt zu einer Lösung des Problems beigetragen zu haben. Der Präsident des Landesarbeitsamtes Nordmark ließ aber nicht locker und resümierte am 10. Februar 1943 in einem Schreiben an den Oberpräsidenten: „Die Zahl [der Entbindungen] kann aber durchaus schwanken und wachsen, und es kann möglich sein, dass neben den verstreuten Entbindungsmöglichkeiten doch die Einrichtung einer Zentralentbindungsmöglichkeit notwendig werden wird.“[4]


[1] Mit der „Sitzung in Hamburg“ ist das Treffen gemeint, das der GBA Sauckel nutzte, um die Kernpunkte seines Erlasses vom 15. Dezember 1942 einer breiteren Öffentlichkeit vorzutragen. Die Anwesenheit Sauckels ergibt sich aus dem Schreiben des Präsidenten des Landesarbeitsamtes Nordmark vom 18. Januar 1943 an den Oberpräsidenten, in: LASH Abt. 611 Nr. 634. Siehe dazu auch Sebastian Lehmann: Schwangerschaft und Zwangsarbeit in Schleswig-Holstein, in: Uwe Danker, Nils Köhler, Sebastian Lehmann u.a. (Hrsg.): Zwangsarbeit und Krankheit in Schleswig-Holstein 1939-1945, Bielefeld 2001, S.202.

[2] Schreiben des Präsidenten des Landesarbeitsamtes Nordmark vom 24. Dezember 1942, in: LASH Abt. 611 Nr. 634.

[3] Schreiben vom 29. Januar 1943, in: ebd.

[4] Schreiben des Präsidenten des Landesarbeitsamtes Nordmark vom 10. Februar 1943, in: LASH Abt. 611 Nr. 634. Vgl. hierzu auch Sebastian Lehmann (wie Anm. 1), S.203.

 

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