Zentrale Quellen zum Thema "Ausländerkinder-Pflegestätten"

 

Die Regelung der Ernährungsfrage durch das Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft per Runderlass (II B 2a-4052)

Der Prozess der Entscheidungsfindung in dieser Angelegenheit verzögerte sich noch bis zum 6. Januar 1944: Das Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft gab einen neuen Erlass heraus und gestand ein, dass die bisherigen Rationen zur „ordnungsgemäßen Versorgung“ der Kinder, die in „Pflegestätten“ untergebracht waren, nicht ausreichten."

 

Die Neuregelung der Ernährungsfrage für die Kinder von Zwangsarbeiterinnen
[Faksimile-Abdruck des Erlasses vom 6. Januar 1944 bei Gisela Schwarze: Kinder, die nicht zählten. Ostarbeiterinnen und ihre Kinder im Zweiten Weltkrieg, Essen 1997, S.126.]

"Kinder unter einem Jahr sollten jetzt täglich Brot bzw. Weizenmehl (115 g), Butter (14 g), Nährmittel (35 g), Zucker (43 g), Tee-Ersatz (1 g), Vollmilch (0,5 l) und Kartoffeln (350 g) erhalten."[1]

Bernhild Vögel machte darauf aufmerksam, dass diese scheinbare Verbesserung der Ernährungssituation nur für die Kleinstkinder in den neu geschaffenen „Ausländerkinder-Pflegestätten“ galt: „Polnische und sowjetische Kinder, die mit ihren Eltern in Lagern lebten, erhielten weiterhin die Rationen nach dem Kann-Erlass vom 6. Oktober 1942.“[2]

Die Autorin schreibt weiter: „Gerade weil sie [die Ostarbeiterinnen und Polinnen] nicht stillen sollten, wurde den Kindern 0,5 l Vollmilch zugebilligt.“[3]

Das Leben von Henry Hetner konnte durch diese scheinbare Verbesserung in der Ernährungsfrage nicht mehr gerettet werden. Er starb einen Tag vor diesem Erlass im „Ostarbeiterkinderheim“ in Wiemersdorf. Es fragt sich auch, inwieweit dieser Erlass vor Ort bei den Betreibern von "Ausländerkinder-Pflegestätten" angekommen ist: Haben sie davon noch Kenntnis erhalten?


[1] Siehe hierzu Bernhild Vögel: „Entbindungsheim für Ostarbeiterinnen“, Braunschweig, Broitzemer Straße 200, Hamburg 1989, S.42. Der Runderlass des RMEuL vom 6. Januar 1944 (II B 2a-4052) ist im Bundesarchiv unter R 14/100 f zu finden.

Nach Angaben von Raimond Reiter ("Tötungsstätten", 1993), S.57 befindet er sich auch in: Runderlasse für die Arbeitseinsatz-, Reichstreuhänder- und Gewerbeaufsichtsverwaltung (ARG), Berlin 1944, S.248.

Des Weiteren wurde dieser Erlass des RMEuL „mit Datum vom 2.6.1944 vom GBA an die ihm unterstellten Stellen gegeben“. Raimond Reiter ("Tötungsstätten", 1993), S.57.

[2] Vögel (wie Anm.1).

[3] Vögel (wie Anm.1), S.40.

 

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